Europäische Cloud-Betreiber: Broadcoms Verhalten ist fast schon Erpressung

Broadcoms Beschwichtigungsversuch geht nach hinten los – jetzt hat der CISPE eine scharfe Antwort veröffentlicht. Die Anschuldigungen wiegen schwer.

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(Bild: TypoArt BS/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Eine Antwort der europäischen Cloud-Provider auf Broadcoms Beschwichtigungsversuche fällt verheerend aus: Indem der Konzern seine brutalen Lizenzänderungen als Pro-Wettbewerb und Pro-Innovation darstelle, wolle er das Hauptproblem in dieser Auseinandersetzung verschleiern. Damit reagiert der CISPE (Cloud Infrastructure Services Providers in Europe) auf einen Blogbeitrag von CEO Hock Tan, der den Umbau von VMware nach der Übernahme besser erklären sollte.

In der Antwort unterstreicht der CISPE, dass Abolizenzen für seine Mitglieder nicht das Problem seien – viele würden diese bereits nutzen. Jedoch würden die massiven und unvertretbaren Preiserhöhungen das wirtschaftliche Überleben vieler hiesiger Cloud-Dienste bedrohen. Dasselbe gelte für die geänderten Softwarepakete (VMware-Produkte sind nur noch in den zwei Varianten VCF und VVF erhältlich), die geänderte Basis für die Gebühren sowie die unfairen Lizenzbedingungen, die Kunden und Partnern keine Wahl mehr lassen würden.

Broadcom bewirbt die Änderungen als echtes, nahtloses Private-Cloud-Erlebnis, das mit der Public Cloud konkurrieren könne. Doch der CISPE meint hierzu, dass es sich um Anti-Cloud-Lizenzen handle. Denn echte Cloud-Lizenzen seien flexibel und skalierbar, ferner zahle man ausschließlich dafür, was man nutzt. Für VMware müsse man sich jetzt jedoch vorab auf einen Anbieter festlegen und für Kapazitäten zahlen, die man vielleicht nie nutzen wird – und das für drei Jahre im Voraus.

Wie schlecht Broadcoms Erklärungen bei manchen Kunden ankommen, zeigen die abschließenden zwei Punkte: Das nun gemachte Versprechen, bei gültigen Lizenzen kritische Lücken zu beheben, sei beleidigend – und grenze an Erpressung der Kunden, damit sie zu den neuen Lizenzen wechseln. Schließlich seien die Vorträge, dass man besser wisse, was die Kunden wirklich wollten, nur ein Beweis dafür, dass der Konzern Kritik ignoriere und gegen die echten Interessen von Nutzern und Partnern handele.

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Und dafür will der CISPE auch einen Beweis liefern: Während Broadcom darauf beharrt, dass man die VMware-Preise ja gesenkt habe, müssten sich die hiesigen Cloud-Betreiber auf sechs-, zehn- oder sogar zwölffach höhere Gebühren einstellen. Hier verweist der Branchenverband erneut insbesondere auf die neuen Lizenzpakete, die neuen nach Kernen abgerechneten Preise sowie die abgekündigten Produkte. Bereits zu Beginn kritisierten Nutzer, dass sie nun mit VCF und VVF für viele VMware-Produkte bezahlen müssen, die sie nicht benötigen und bisher auch nicht bezogen haben.

Die Prüfung der EU-Kartellbehörde von Broadcoms Übernahme von VMware begrüßt der CISPE. Allerdings befürchtet der Branchenverband, dass selbst die als "sehr minimal" bezeichneten Zugeständnisse einzig der Besänftigung der Wettbewerbshüter dienen sollen – auch wenn dies als Eingehen auf die Bedürfnisse der Kunden verkauft wurde. Bislang hätte kein einziges der CISPE-Mitgliedsunternehmen noch einer von deren Kunden im Austausch mit Broadcom gestanden, um die neuen Bedingungen zu diskutieren.

Auf der Webseite des CISPE finden sich die vollständige Antwort. Hieran beteiligte sich ebenfalls der Cigref, ein französischer Digitalverband.

(fo)