Fahrbericht: Mazda MX-5 Skyactiv G 131

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Würden die Menschen nur noch aus Lust Autofahren, hätten wir kein Problem mit der urbanen Mobilität, mit Umweltverschmutzung und Ressourcenvergeudung. Ergo auch kein schlechtes Gewissen mehr und eh keinen Stress. Wir hätten vielmehr kleine, effiziente Autos, mit denen wir uns keinesfalls in einen auch noch so kurzen Stau einreihen würden.

Es ginge beim Autofahren um die Lust – nicht um den Verkehr. Die Straßen der Städte wären wieder frei für Bus, Trambahn, Radfahrer und Flaneure. Wäre der Mazda MX-5 ein Viersitzer, hätten wir den prototypischen, blechgewordenen Beweis dieser These. Als der Zweisitzer, der er nun mal ist, ist er ein umso kräftigeres Plädoyer dafür, Autos nicht als Mittel der Mobilität zu missbrauchen und unsere Städte nicht für Autoverkehr. Ein Appell, das Auto auf traditionelle Weise neu zu denken.

Retro ist heute modern, wurde aber schon früher praktiziert: Als der MX-5 vor knapp 30 Jahren herauskam, war er vom Konzept her ein bewusst gesetzter Bezug auf die damals fast erloschene Roadster-Tradition aus England und Italien. Kein Mensch wollte sich damals noch vorstellen, dass man einen derart kleinen Personenwagen – nicht einmal einen Roadster – mit Standardantrieb neu auflegen würde. Dabei spürt man gerade den sofort und lustvoll beim Fahren.

Klein, leicht, ausbalanciert

Der Spaß, den so ein kleines, leichtes, ausbalanciertes Auto auch heute noch vielen Menschen bereitet, hatte Mazda kellertief unterschätzt. Man ließ den MX-5 gegen den Rat der eigenen Marktforschungsabteilung bauen und wurde umgehend von der Nachfrage vollkommen überrascht. Aus diesem Grund verfeinert Mazda den Roadster in vierter Generation zwar, lässt aber tunlichst die Finger von seiner Grundidee. Man bekommt das Gefühl, Mazda sei seinen MX-5-Kunden bis heute dankbar.

Das wirkliche Mehr – das Fahrgefühl im engen Kontakt zur Straße und der Welt da draußen – ist nur durch ein echtes Weniger zu erreichen: Bei Gewicht, Größe, Dach, Antrieb – Blingbling. Fahrspaß steht dem beliebten Zweitonnen-SUV mit glanzgedrehten Felgen und einer Funktionsfülle, die nur noch ein Bediensystem bändigt, diametral gegenüber.

Weniger ist mehr, das gilt auch beim Motor: Vier Zylinder, eineinhalb Liter, keine Aufladung. Der Direkteinspritzer mit der für Mazda typisch hohen Verdichtung von 13:1 bietet eine fast lineare Kraftentfaltung, hellwach, ohne Verzögerung. Er will gedreht werden, wenn es sein muss, bis knapp über 7000/min, bietet aber immer die volle Transparenz. Bei sportlicher Gangart ist das natürlich ein Vorteil. Dank variabler Steuerzeiten verteilt er sein Drehmoment von 150 Nm recht wacker, das Maximum liegt aber dennoch erst bei 4800/min an. Die Auspuffnote ist dezent kernig und wird nie aufdringlich, klingt aber oft ein bisschen nach Rostloch. Auch hier wäre ein bisschen weniger ein bisschen mehr gewesen.

Auf unseren lustvollen Fluchten aus dem Alltag verbrauchte das Aggregat 6,8 Liter auf 100 km, bei vernünftiger Fahrweise erreicht man auch eine fünf vor dem Komma. Wer unbedingt den Turbo-Bums braucht, bekommt ein baugleiches Modell mit Fiat-Badge und Fiat-Motor, entfernt sich aber bereits ein Stück weit vom lustbringenden Purismus.

Ebenso wichtig für die Fahrfreude ist die Gewichtsbalance. Der Motor ist längs eingebaut. Das Getriebe liegt in der Fahrzeugmitte. In der Regel liegt das Optimum – wenig überraschend – bei 50:50. Aber eben nicht ganz. Die Konstrukteure können den Wagen so austarieren, dass beide Achsen genau das Gewicht tragen, das ein passendes Einlenken und eine hohe Kurvengeschwindigkeit fördert.

Das ist aber nicht der einzige Vorteil dieser seit Beginn des Automobils (Renault 1896, Daimler 1898) traditionellen Anordnung: Befreit von Antriebseinflüssen kann die Lenkung so direkt und gefühlig abgestimmt werden, wie man sie eben auslegen möchte. Mazda mochte allerdings eine Lenkung mit vergleichsweise wenig Rückmeldung und Rückstellkraft. Wir fanden, etwas mehr von beidem stünde dem Charakter des MX-5 gut an. Nicht falsch verstehen, diese Lenkung ist um Klassen besser als sie in jedem Front-Quer-Auto überhaupt sein kann.

Ein weiterer Vorteil der längsliegenden Antriebseinheit: Der Schalthebel ragt so aber direkt – also völlig ohne Umlenkungen aus dem Getriebe. Das spürt man beim Schalten. So kurzwegig, gefühlvoll und exakt schaltet sich kein Frontantriebs-Auto. So viel Gefühl für die Synchronisation auf so kurzen und exakten Schaltwegen bieten nur wenige manuelle Getriebe. Der Schalthebel überträgt aber auch alle Motorvibration und die Bewegungen des Antriebsstrangs auf die Hand des Fahrers. Diese naturgemäßen Details einer direkten Schaltung binden einen aber nur noch stärker ins Fahrerlebnis ein als dass sie stören. Nach einer Stunde auf kurvigen Strecken spüre ich allerdings die Reibung der Nähte am Handballen.

Straff und komfortabel

„Kurzwegig, gefühlvoll und exakt“ sagten wir gerade über die Schaltung. Das passt so auch ganz gut auf die Federung. Sie beweist aber auch, dass sich „straff“ und „komfortabel“ keinesfalls ausschließen. Der Mazda bietet am Beginn des Federwegs Schluckfreude auf dem Niveau des Citroën Cactus C4, um dann progressiv ins Straffe überzugehen. Das Ergebnis: Kein cabrio-übliches Karosseriezittern, ermüdungsfreies Reisen, aber volle Transparenz bei der Fahrdynamik. Warum bauen nicht viel mehr Hersteller brauchbare Federungen? Es kostet ja nicht einmal mehr. Teurer sind freilich die vordere Doppelquerlenker- und die hintere Mehrlenkeraufhängung, aber das ist eine gute Investition ins Ansprechverhalten.

Den entscheidenden Nachteil des Standardantriebs spürt man freilich auch im Mazda: Das Getriebe auf Höhe der Oberschenkel macht den Tunnel breiter als bei Quermotor-Autos und verkleinert den Innenraum. Man sitzt im MX-5 so niedrig, dass der rechte Ellenbogen auf dem Tunnel liegt. Lässiges Schalten ergibt sich von selbst. Radikal neue Bewegungsmuster muss man sich allerdings bei anderen Verrichtungen angewöhnen. Beim Verriegeln des abgelegten Stoffdachs hilft ein Griff, den ich sonst nur im Pilates-Kurs übe. Das Lenkrad hilft beim Aussteigen. Als Fahrer öffnet man das Handschuhfach mit der linken Hand – neben der rechten Schulter. Zum Schließen benutzt der Fahrer den rechten Ellenbogen. Bizarr, logisch, denn dort, wo man das Handschuhfach normalerweise findet, ist der Platz für die Knie der BeifahrerInnen. Mazda hat es zwischen den Sitzlehnen untergebracht, wo bei mehrsitzigen Autos Luft wäre.

Die Sitze an sich sind breit genug, doch kann mein Kollege den Sitz nicht weit genug nach hinten verstellen, um seine langen Beine richtig unterzubringen. Immerhin ist die Vorderseite der Sitzfläche neigungsverstellbar. Nervig ist die für Mitteleuropäer meist zu niedrige Gurtanlenkung über die Sitzlehne. Der Gurt reibt. Das Ringen um Raum führt aber auch zu intelligenten Konstruktionen. So liegen die Scherenmechaniken der Heckklappenscharniere außerhalb des Gepäckraums, sonst wäre er noch kleiner als er mit seinen 130 Litern bereits ist.

Die Windschutzscheibe steht ausreichend steil für ein gutes Offenfahr-Gefühl. Eine Scheibenoberkante über der Stirn, wie in den meisten Hardtop-Faltdach-Roadstern, steht dem ja entgegen. Eine steile Scheibe ist praktisch nur mit einem Stoffverdeck machbar.

Freundlich-unkompliziertes Wesen

Die Verdeckbetätigung passt zum freundlich-unkomplizierten Wesen des Mazda. Ein Handgriff und das Dach ist entriegelt, danach fällt es nach einem kleinen Stups von selbst nach hinten. Ein Druck auf das Stoffpaket und es wird verriegelt. Das geht mit einer Hand vom Fahrersitz in unter zwei Sekunden. Will man es wieder schließen, zieht man am Hebel neben der Schulter, greift es an einer der Mulden in seiner Vorderkante (je eine, für Fahrer oder Beifahrer), klappt es Richtung Scheibenoberkante und legt den Riegel um. Wieder genügt eine Hand. Mein Kollege sagte es so:„Wer Probleme mit dem Öffnen und Schließen hat, braucht wohl auch eine Anleitung für die Kombination aus Teller, Suppe und Löffel“.

Geschlossen macht das Verdeck den Roadster nicht nur wasserfest, es schützt auch hervorragend vor Zug bei offenen Fenstern und erzeugt keine wahrnehmbaren Windgeräusche. Trotzdem hat man jederzeit das Gefühl eines offenen Wagens, weil man die Geräusche von außen noch – wenn auch stark gedämmt – wahrnimmt. Das ist genau richtig so.

Der Mazda ist auch auf dem US-Markt erhältlich, wo Getränkehalter wohl demnächst Pflicht werden nach dem Motto „make fluid intake even greater again“. Hier entschied sich Mazda intelligenterweise für einen Kompromiss: Die beiden Halter sind hinten und vorn im Passagierabteil steckbar, lassen im kompakten Interieur dann aber keinen Platz mehr für eine gesunde Sitzhaltung. Wer sich von ihnen stören lassen will – bitte sehr. Der Stil des Reisens mit einem Roadster gebietet allerdings Pausen. Dann genießt man seine Getränke auf einer Wiese mit malerischem Ausblick oder auf der Terrasse eines Restaurants. Die Cupholder kann man ja zu Hause lassen.

Wer sich einen Gefallen tun will, bestellt den MX-5 seinem puristischen Konzept folgend auch in Minimal-Ausstattung: das Geld für das Navi investiert man besser in Sprit für genussvolle Umwege, den Spurhalte-Assistenten braucht kein Mensch. Das Soundsystem von Bose ist unnötig (teuer). Mit dem Sound kann man leben, das Auto ist ja kein Konzertsaal sondern eher meist offen. Serienmäßig sind schon im Basismodell „Prime-Line” ein Radio, LED für Fern-, Abblend-, Stand- und Tagfahrlicht (andere Hersteller wie etwa Volkswagen verlangen dafür richtig viel Extra-Geld), manuelle Klimaanlage. Fehlt nur ein Lederlenkrad, das man sich besser und günstiger nach eigenen Vorstellungen beim Sattler um die Ecke machen lässt. Die mittlere Ausstattung „Center-Line“ bietet für 1100 Euro mehr unter anderem zusätzlich: Tempomat, Lederlenkrad, Radio mit größerem Display, sechs statt vier Lautsprecher und eine Freisprecheinrichtung.

Das doppelte Geld für Autos, die nicht halb so toll fahren?

Der Testwagen erfüllt die Abgasnorm Euro 6b. Wie alle anderen Autos kann auch der MX-5 ab 1. September 2018 neu nur mehr mit der Abgasnorm Euro 6c zugelassen werden, welche unter anderem einen deutlich gesenkten Grenzwert für die Partikelanzahl vorsieht. Wie wir bei Diesel-Pkw gesehen haben, wurden Fahrverbote selbst für Fahrzeuge mit nur kurz zurückliegenden Abgasnormen verhängt – und das für den im Vergleich mit den potenziell krebserzeugenden Partikeln relativ harmlosen Schadstoff Stickstoffoxid. Das nächste Ziel, das Verbände wie die DUH im Visier haben, dürfte der Partikelausstoß bei Pkw mit direkteinspritzenden Ottomotoren sein. Wenn Sie diesbezüglich also auf Nummer sicher gehen wollen, warten Sie am besten noch die Umstellung ab. Es handelt sich ja nur mehr um wenige Tage.

Mit nur wenig Verhandlungsgeschick steht für rund 20.000 Euro ein neuer MX-5 vor der Tür, dem nichts fehlt. Unfassbar, wie viele Menschen viel mehr Geld für Autos ausgeben, die nicht halb so toll fahren.

Die Kosten für die Überführung hat Mazda übernommen, jene für Kraftstoff der Autor.